Messestand

Wie bereits im November angekündigt, haben wir unseren Kollegen Dr. Frank Mörsberger (Business Development Food & Feed Analysis) gebeten, seine persönlichen Eindrücke von der 11. RAFA-Konferenz in Prag für Sie zusammenzufassen. Hier ist sein Bericht:

 

Die Konferenz „Recent Advances in Food Analysis“ war in diesem Jahr Treffpunkt für ca. 750 Wissenschaftler*innen aus 41 Ländern. Das wissenschaftliche Programm war wie immer sehr dicht, so dass viele Vorträge in drei parallelen Sessions präsentiert wurden. Die Auswahl fiel nicht leicht. Ich habe mich daher für Themen entschieden, die für die AGROLAB GROUP und ihre Lebensmittellabore aktuell von Bedeutung sind bzw. für unsere Kunden und uns in Zukunft ein Thema in der Routineanalytik werden könnten.

Umwelt- und Prozesskontaminanten

Nicht überraschend wurde das Thema PFAS (per- und polyfluorierte Alkylverbindungen) in zahlreichen Vorträgen und Postern behandelt. Analytische Herausforderungen sind hier die Anforderungen an die teilweise sehr niedrigen geforderten Bestimmungsgrenzen für diese allgegenwärtigen Umweltkontaminanten sowie die kurzkettigen und flüchtigen Verbindungen, die spezielle Methoden zur Bestimmung erfordern. Lösungsansätze bieten einerseits hochauflösende und leider sehr teure Analysengeräte in Verbindung mit spezieller Auswertesoftware und andererseits validierte Modifikationen gängiger Probenvorbereitungsverfahren.

 

Bei den Prozesskontaminanten standen die Mineralölrückstände der MOAH-Gruppe (Mineral Oil Aromatic Hydrocarbons) im Vordergrund. Zum einen, weil die Toxizität mit der Anzahl aromatischer Ringe im Molekül zunimmt, zum anderen, weil sich aus dem Profil Rückschlüsse auf mögliche Eintragsquellen ziehen lassen. Diese Aufgabe kann wiederum nur durch eine gekoppelte, mehrdimensionale Chromatographie gelöst werden.

 

Wie man sich denken kann, kommen auch bei diesen Verfahren sehr teure Analysegeräte zum Einsatz, die zudem bei einem einzigen Analysenlauf so viele Datensätze erzeugen, dass nur extrem leistungsfähige Rechner und ausgeklügelte Software aus der Datenflut verlässliche Ergebnisse generieren können. Hier überschneiden sich auch die Forschungsfelder der gerätebasierten Rückstandsanalytik mit modernen IT-Anwendungen, maschinellem Lernen und KI-Anwendungen. Dieses Thema war daher auch ein Schwerpunkt der diesjährigen RAFA-Konferenz.

 

Aus den Berichten der europäischen Referenzlaboratorien und dem Schlussvortrag von Frans Verstraete als hochrangigem Vertreter der EU-Kommission und stellvertretendem Direktor der DG SANTE (Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit) erhielten wir wertvolle Hinweise, womit sich die amtlichen Überwachungsbehörden in der EU in den nächsten Jahren beschäftigen werden. 

 

Dies sind einige der Themen, die auf der Liste der EU-Kommission und der EFSA (European Food Safety Agency) stehen:

  • Natürliche Toxine wie die Gruppe der Quinolizidine (z.B. Toxine aus Lupinen)
  • Mykotoxine, die bisher eher selten vorkamen, weil sie aufgrund von klimatischen Veränderungen und sich ändernden Ernährungsgewohnheiten (Veganismus) in Zukunft ein erhöhtes Gesundheitsrisiko für bestimmte Bevölkerungsgruppen darstellen könnten, wie z.B. Alternariatoxine, Enniatine und Deoxinivalenol (DON)-Metabolite.
  • Auch die Gruppe der pflanzlichen Lektine bedarf einer weiteren Risikobewertung.
  • Prozesschemikalien wie die Polychlorierten Alkanverbindungen (PCA) einschließlich der Chlorparaffine (C10-C17) und -naphthaline, die aufgrund ihrer schier unüberschaubaren Anzahl und Vielfalt analytisch noch nicht zufriedenstellend erfasst werden können - nicht zuletzt, weil Referenzstandards und validierte einheitliche Methoden fehlen.
  • Neben den bekannten bromierten Flammschutzmitteln, die als schwer abbaubar in der Umwelt gelten, sollen auch die verwandten phosphorhaltigen Flammschutzmittel in den Blick genommen werden.

Alternative Proteine

Mit neuen Proteinquellen wie Insektenmehl, Pilzmycel und Algen, die zunehmend als Ersatz für tierische Produkte in die Lebensmittelproduktion einfließen, werden neue Herausforderungen an die Lebensmittelsicherheit entstehen, sei es durch neue mikrobiologische Bedrohungen, bisher unbeachtete Kontaminanten oder durch neue Lebensmittelallergien.

Bei all diesen Themen fiel auf, dass in vielen Vorträgen der Begriff „Exposom“ auftauchte. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Forschung weg von der bisher vorherrschenden Annahme linearer Wirkungszusammenhänge hin zu einer komplexen Betrachtung sich gegenseitig beeinflussender Wirkungsmechanismen bewegt.

 

Dabei wird untersucht, wie sich die Aufnahme verschiedener Umweltschadstoffe auch in geringen Mengen über die gesamte Lebensspanne im Körper in ihrer Wirkung verstärken (oder aufheben) kann und inwieweit es auch individuelle Unterschiede gibt, die zum Beispiel mit dem Metabolom (also der Darmflora und dem Stoffwechsel) des Menschen zusammenhängen. Auch diese Forschungsarbeiten werden erst durch globale Datenerhebungen, Verknüpfungen und neue KI-basierte Auswertungsalgorithmen möglich.

Lebensmittelverfälschungen

Last but not least bleibt das Thema Lebensmittelverfälschungen und damit die Echtheitsprüfung von Rohstoffen und Handelsprodukten ein Forschungsfeld, das zwar große Fortschritte gemacht hat, aber mit jeder neuen Nachweismethode wächst im Kreis der Fälscher das Wissen - und wie es scheint auch der Ehrgeiz - sich mit neuen kriminellen Tricks auf Kosten der Allgemeinheit zu bereichern. Der weltweite Schaden durch illegale Praktiken im Bereich der Lebensmittelherstellung bewegt sich in der Größenordnung der Einnahmen der weltweiten Drogenkartelle - allerdings bei deutlich geringerem Entdeckungsrisiko. Das Thema wird auch die nächsten RAFA-Konferenzen beschäftigen.

Die nächste, 12. RAFA wird vom 3.11. bis 6.11. 2026 wieder in Prag stattfinden.

 

Wichtige Fortschritte in der Lebensmittelanalytik werden im internationalen universitären Umfeld und in den Forschungsabteilungen großer Lebensmittelkonzerne erzielt. Auf Symposien wie der RAFA tauschen sich die jungen Wissenschaftler*innen und die „alten Hasen“ aus, knüpfen Netzwerke.

 

IHR PLUS: AGROLAB entsendet Expert*innen zu diesen Kongressen. Wir hören aufmerksam zu und versuchen frühzeitig zu erkennen, welche analytischen Themen unsere Kunden und damit auch uns in Zukunft beschäftigen werden, um bei der Etablierung routinetauglicher Methoden immer einen kleinen Schritt voraus zu sein.

 

Autor: Dr. Frank Mörsberger, AGROLAB GROUP