Norovirus

Neben den mikrobiologischen Risiken durch humanpathogene Bakterien, Pilze und Verderbniserreger muss zunehmend auch Viren in Sachen Lebensmittelhygiene und Konsumentenschutz Aufmerksamkeit geschenkt werden.

 

Wir freuen uns, dass unser „Virenfachmann“ Dr. Manfred Biebl (MB) vom AGROLAB Laborstandort Dr.Blasy-Dr.Busse in Eching am Ammersee sich zu einem Interview mit der AGROLAB RADAR Redaktion bereit erklärt hat.

 

 

RADAR:

Hallo Herr Biebl,
vielen Dank, dass Sie sich Zeit genommen haben einige Fragen zur Analytik von Lebensmittel relevanten Viren für unsere Leserschaft zu beantworten. Hier gleich die erste:

Welche Lebensmittelviren stellen derzeit die größte Bedrohung in der Lebensmittelbranche dar und welche Lebensmittel sind betroffen?

MB:

Wir sehen aus unseren Probeneingängen der vergangenen 12 Monate, dass es sich hauptsächlich um Überprüfungen auf Noroviren insbesondere bei (Beeren-) Obst oder Salat handelt. Oft sind auch Hepatitis A Viren ein Thema.

RADAR:

Von den Noroviren liest man ja auch hin und wieder in der Zeitung, wenn z.B. eine Infektion auf einem Kreuzfahrtschiff oder in einer Seniorenpflegeeinrichtung ausgebrochen ist. Welche Gefahren bergen virale Kontaminationen von Lebensmitteln für uns?

MB:

Wenn eine Nachricht zu einem Noroviren-Ausbruch in der Presse steht, sind meist sehr viele Menschen durch den Verzehr eines kontaminierten Lebensmittels betroffen. Das Norovirus ist Auslöser für akute Magen-Darm-Erkrankungen mit heftigem Brechdurchfall, was auch zu einem hohen Flüssigkeitsverlust führt. Für kleine Kinder, ältere Menschen und Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen kann die Infektion daher lebensgefährlich werden.

RADAR:

Welche Maßnahmen kann ein Lebensmittelbetrieb oder Küchenchef treffen, um die Risiken von mikrobiologischen und speziell viralen Kontaminationen zu vermeiden?

MB:

Einerseits eine strikte Einhaltung der Hygieneregeln im Umgang mit Lebensmitteln und gründliches und häufiges Händewaschen. Im Prinzip sind das genau die Maßnahmen, die wir inzwischen alle aufgrund der Covid-Problematik verinnerlicht haben sollten.

Andererseits kann die Düngung oder Bewässerung mit fäkal verunreinigtem Dünger oder Wasser eine Ursache für Erkrankungen sein. Das ist in vielen der Erzeuger-Länder leider immer wieder ein Thema. Daher muss der Lebensmittelunternehmer je nach Herkunft der Waren so etwas in seiner Risikoanalyse berücksichtigen und die Tests in den Prüfplan aufnehmen.

RADAR:

Was muss ein privates Labor an Sicherheitsvorkehrungen treffen, damit die Laborant:innen überhaupt mit solchen Viren arbeiten dürfen?

MB:

Man braucht dafür ein sogenanntes S2-Labor. Das heißt es sind höhere Sicherheitsvorkehrungen einzuhalten als für ein übliches Mikrobiologielabor. Die Laborräume sind von den übrigen abzutrennen. Der Zugang ist nur autorisierten Personen in Schutzkleidung und über eine Schleuse möglich. Alle Arbeiten werden in Sicherheitswerkbänken durchgeführt.

RADAR:

Das bedeutet auch, dass nur wenige, speziell geschulte LabormitarbeiterInnen überhaupt mit Viren arbeiten dürfen und deren Arbeit sehr genau dokumentiert wird.

MB:

Das stimmt. Wir haben ein erfahrenes Team und führen regelmäßige Schulungen durch. Außerdem sind die Analysen selbstverständlich akkreditiert. Zudem steht das Labor auch unter der amtlichen Aufsicht durch die zuständigen Behörden in Oberbayern.

RADAR:

Ein ganz schöner Aufwand. Vermutlich ist das auch der Grund, warum es nur sehr wenige private Labore gibt, die diese Analytik überhaupt anbieten. Aber unsere RADAR Abonnentinnen interessiert es auch, wie diese Virenanayltik praktisch durchgeführt wird. Dürfen Sie uns darüber etwas sagen?

MB:

(lacht) Na ja Betriebsgeheimnisse verrate ich Ihnen natürlich nicht.
Schon bei der Probennahme ist es wichtig, dass der Kunde auf die Hygiene und die Einhaltung der Kühlkette achtet. Am Anfang der Laborarbeit steht die Aufkonzentrierung der Viren. Daran schließt sich die eigentliche Analytik an. Wir isolieren aus der Probe die RNA, welche in einem weiteren Schritt in DNA umgeschrieben wird. (Anmerkung der Redaktion: RNA Ribonukleinsäure, DNA Desoxyribonukleinsäure) Das erfordert viel Erfahrung und spezielles Know-how. So gewinnt man sehr kleine Mengen des Erbmaterials, welches man für einen sicheren Nachweis noch vervielfältigen muss. Dies geschieht vollautomatisch im sogenannten „Lightcycler“. Dieser Prozess wird Polymerase-Kettenreaktion, kurz PCR genannt. Die Abkürzung ist durch die Corona-Tests ja inzwischen jedem bekannt.

Die Messergebnisse werden automatisiert erhoben und im Anschluss durch eine Fachkraft ausgewertet. Am Ende wissen wir dann ganz genau welche Proben kontaminiert waren.

RADAR:

Wie sollten die Proben von den Kunden genommen, verpackt und verschickt werden?

MB:

Wie schon angedeutet, ist eine richtig ausgeführte Probennahme mitentscheidend für die Qualität des Messergebnisses. Die Probe sollte daher so genommen werden, dass sie weder bei der Probennahme selbst, noch beim Transport verändert wird. Das bedeutet z.B. dass z.B. bei gefrorenen Beeren die Kühlkette nicht unterbrochen werden darf. Das lässt sich durch Isolierverpackungen, Trockeneis oder Gefrier-Akkus in der Regel bewerkstelligen. Unsere Vertriebskolleg:innen und die Kundenbetreuer:innen geben dafür gerne Tipps und stellen bei Bedarf auch geeignetes Versandmaterial zur Verfügung.

RADAR:

Herr Biebl, wir danken Ihnen für diese interessanten Antworten und wünschen Ihnen und Ihrem Team weiterhin viel Erfolg!

 

Zur Person:

Dr. Manfred Biebl ist Mikrobiologe und leitet seit 2020 bei AGROLAB am Standort Eching die Virenanalytik. Pro Jahr werden von ihm und seinem Team mehr als 1.000 Proben aus ganz auf Viren Europa untersucht.

 

 

IHR PLUS: Wünschen Sie ein Angebot oder haben Sie weitere Fragen? Wenden Sie sich bitte an unseren Außendienst und die Kundenbetreuung an Ihrem bevorzugten AGROLAB Laborstandort.

 

Autor: Dr. Frank Mörsberger